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    ("Rocker und Geigenbauer")


18. Juni 2000


Kurier, 18. 06. 2000, Seite 21, von Ingrid Edelbacher.

Rocker und Geigenbauer

Talente: Was Ärzte alles können

Einen Ausgleich zum anstrengenden Beruf finden viele Mediziner in der Kunst. Sie treten als Pianisten, Schauspieler oder Kabarettisten auf. Zum Spaß oder für gute Zwecke. Der Saal im Purkersdorfer "Nikodemus" war gesteckt voll. Alle waren sie da: Bürgermeister, Gemeinderäte, Kollegen, Freunde, Patienten, Assistentin, Ehefrau und Kinder. Tosender Applaus, als der Rock-Doc auf die Bühne hüpfte und ein Gitarrensolo a la Eric Clapton hinlegte. Bei dieser Session stellte er die CD "Grünzweig" vor - mit 14 neuen Songs, alle von ihm komponiert und getextet. Der Ganzheitsmediziner Wolfgang Grünzweig ist kein Unbekannter in der österreichischen Rock-Szene. Er gehörte von der ersten Stunde zur Formation "Ostbahn Kurti & die Chefpartie". "1988 musste ich dann aufhören und mich der Medizin und meiner Praxis widmen. Als Aushilfe sprang ich hin und wieder ein", sagt der 45-jährige Grünzweig, dem in der Zeit "danach" die "Musik immer gefehlt hat". Vor drei Jahren kündigte er die Kassenverträge und gründete die eigene Band. Seither passt alles: Er hat genug Zeit für die Privatpatienten, die Beschäftigung mit der Alternativmedizin und für die Musik.
Für den Wiener Chirurgen Johannes Poigenfürst gehört die Bühne genauso zum Leben wie das Skalpell. Der 72-jährige Universitätsprofessor spielt seit seiner Zeit im Gymnasium Theater. Und zwar mit den Schulfreunden aus dieser Zeit - fast alle sind Ärzte. Gespielt wird immer das selbe Stück: "Der Zerrissene" von Nestroy. "Wir sind jetzt schon alte Herren und etwas müde. 1945 haben wir den Zerrissenen erstmals aufgeführt, dann noch einmal zur Matura 1947 und dann war jahrzehntelang Schluss damit", erzählt Poigenfürst. Oft wollte die Freundesrunde wieder spielen, aber irgendeiner war immer dagegen. Als man aber Geld für Rumänien (Krankenhaus Temesvar) brauchte, waren alle für eine Benefizveranstaltung zu haben. Die erste Aufführung 1995 war so erfolgreich, dass Poigenfürst & Freunde seither mehrmals im Jahr auftreten (im Oktober in Gmunden und Hallein) und inzwischen 2,5 Millionen Schilling eingespielt haben. "Mit null Spesen, weil jeder zahlt sich seinen Aufenthalt selbst und die Kostüme werden uns vom Stadttheater St. Pölten geborgt", so Poigenfürst, der die Tourneen genießt: "Wir mögen uns ja alle gern, aben großen Spaß und kommen einander näher."
Reinhard Zach, praktischer Arzt im steirischen Gußwerk sucht in und wieder das Weite. Da verschwindet der 47-Jährige in den Wäldern, um Holz zu sammeln. Auf Haselfichte und gutes Ahorn ist er ganz versessen, weil sie sich ideal für den Geigenbau eignen. Er liebt die Klassik, spielt seit der Volksschule Geige und ist Mitglied des Symphonieorchesters Kapfenberg. "Der Geigenbau at mich immer schon interessiert und ich habe vor 21 Jahren damit begonnen - eine schöne Arbeit", sagt Zach, der mittlerweile elf Instrumente gebaut hat, die er aber nur verborgt - an Freunde und Kinder. Sein Sohn spielt Bratsche, seine Tochter Cello (derzeit arbeitet Zach an einem Instrument für sie) und seine Frau Bassgeige und Klavier. Ob sie einmal ein Eigenbau-Instrument erhält, ist ungewiss, denn eine Bassgeige ist eine große Herausforderung.
Tagsüber ergründet sie am Wiener Kaiser-Franz-Josef-Spital die Seelen ihrer Patienten, abends betreut sie gerne ihr Publikum, das sie als Kabarettistin zum Lachen bringen will: Die Fachärztin für Psychiatrie Regina Hofer, die wie Gunther Philipp oder das bayerische Original Georg Ringsgwandl die umoristische Seite an sich entdeckte. Im Gegensatz zu den beiden, will sie den Arztberuf aber nicht aufgeben. Während Regina Hofer auf einen Turnusplatz wartete, schrieb sie Kabarettnummern, trat 1993 erstmals solo auf und hatte auf Anhieb Erfolg. In ihrem neuen Programm "Glück gehabt" (bis 24. Juni im Spektakel in Wien) nimmt sie sich der Jahrtausendfrau an. "Was eine Frau heutzutage so alles machen und sein muss - und nie ist es genug. Weil ohnehin niemand mit uns zufrieden ist, pfeifen wir darauf und besinnen uns auf uns selbst", beschreibt sie den Inhalt.
Er verbindet Medizin und Musik nicht nur wissenschaftlich, sondern auch virtuos: Der Internist und Universitätsprofessor Anton Neumayr, der seit 1945 mit den Wiener Philharmonikern auftritt. Der 79-jährige Pianist hat acht Bücher zum Thema Musik und Medizin geschrieben, die in sechs Sprachen (auch japanisch) übersetzt wurden. Sein Lieblingskomponist ist Mozart. Neumayr: "Es gibt kaum einen Komponisten, dessen Musik eine derart harmonisierende und ausgleichende Wirkung auf Menschen hat."


© 2000  Kurier

Last Updated: 01. Juli 2000

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