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    ("Kurt Ostbahn - die Integrationsfigur")


Juni/Juli 1999


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CONCERTO, Nr. 3, Juni/Juli 1999, von Manfred Ergott

Mit fünfzig kann man nach einem intensiven Musikerleben in den wohlverdienten Ruhestand gehen. Oder man will es noch einmal wissen, weil man eben nicht anders kann.

"Was macht der Musikant, wenn er nicht musiziert, wenn er vier, fünf Monate Urlaub bekommt von den Kollegen und vom Publikum?"

Um diese Frage aus dem Kriminalroman "Bluatrausch", dem ersten Band der mittlerweile vierteiligen Kurt-Ostbahn-Krimi-Trilogie, im Falle des Kurt Ostbahn zu beantworten, muß man schon etwas weiter ausholen. Schon allein deshalb, weil diese fiktive Figur auf zwei starke Persönlichkeiten zurückzuführen ist, nämlich auf den Sänger Willi Resetarits und auf den Schreiber Günter Brödl. Grob gesagt ist ersterer die Hülle und zweiterer die Fülle, was natürlich so einfach nicht ist. Denn einerseits ist Resetarits weit mehr als nur ein genialer Interpret der Brödlschen Dichtkunst, nämlich ein wortgewandter und humoriger Herzensmensch mit sehr vielen Talenten, und zweitens liefert Brödl nicht nur das Textmaterial, sondern war stets auch maßgeblich am gesamten Umfeld des Kurt Ostbahn beteiligt.

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Kurt, der Vielseitige

Wie auch immer die Arbeits- und Aufgabenteilung zwischen diesen kongenialen Partnern abläuft: der Kurt Ostbahn ist spätestens seit "Feia" (1985) ein Mega-Seller und ein Multi-Talent. Knapp zehn Jahre lang zelebriert er mit seiner Chefpartie eine beispielhafte musikalische Karriere mit einer Unmenge an Liveauftritten und CD-Erscheinungen. Ende 1994 löst sich die Chefpartie auf und Kurt zieht sich vom Bühnenleben zurück.

Und das führt uns zurück zu eingangs gestellter Frage. Kurt Ostbahn nutzt die freigewordene Zeit zum Aufbau des Wiener Integrationshauses, wo durch Kriegswirren geschädigte Flüchtlinge (hauptsächlich bosnische Kinder und Frauen) massive Unterstützung finden.

Mit der sonntäglichen Live-Radiosendung "Trost & Rat" schreibt er drei Jahre lang Radio-Geschichte und erlebt einen neuen Popularitätshöhepunkt. Er er- und überlebt Kriminalfälle, die sein Trainer (Brödl) zu Papier bringt, spielt in der Verfilmung des ersten Romanes "Blutrausch" die Hauptrolle. Seine erste und einzige Solo-CD "Espresso Rosi" überrascht Fans und Kritiker und legt gleichzeitig den Grundstein für eine weitere Erfolgs-Ära: Kurt Ostbahn & Kombo. Parallel dazu geben Autor Brödl und Romanheld Ostbahn Leseabende mit Musik unter dem Titel "Mord und Musik". Dr. Kurt Ostbahn übersetzt Asterix-Comics ins Wienensche und spendet auch im Fernsehen "Trost & Rat". Ein weiterer Höhepunkt: Ostbahns musikalisch-kulinarische Dokumentation über Kultur und Eßgewohnheiten der Cajun- und Zydecomusiker in Louisiana.

Auf ein Neues ...

Kurz gesagt: über Unterbeschäftigung kann sich der "Bruce Springsteen von Simmering" (Süddeutsche Zeitung) wohl nicht beklagen. Kein Wunder also, daß er sich am Ostersonntag des Vorjahres von seinem Radiopublikum auf unbestimmte Zeit verabschiedet, um sich wieder mehr auf sein Hauptaufgabengebiet zu konzentrieren - die Verbreitung des Favoriten´n´Blues im Dienste der Volksgesundheit. Ein Jahr später präsentiert er im April 1999 seine neue CD "Fünfzig verschenkte Jahre im Dienste der Rockmusik" und den vierten Band der Kriminal-Trilogie mit dem Titel "Kopfschuß" (Kremayr & Scheriau). Im Anschluß daran geht der 50jahrige Willi Resetarits aka Kurt Ostbahn samt Kombo auf "Tour 50", die 50 Konzerte im In- und Ausland umfaßt. Doch bevor er wieder für längere Zeit in die Konzerthallen entschwindet, nimmt er sich die Zeit und trifft sich mit uns in einem altehrwürdigen Wiener Kaffeehaus zum Plausch bei Tee und Fruchtsaft ...

Deine neue CD klingt - im Gegensatz zu "Espresso Rosi" und "Reserviert fia zwa" wieder mehr nach Rock´n´Roll, erinnert an die Chefpartie-Zeiten. Hängt das mit der Bilanz zum 50. Geburtstag zusammen?

Naja, der Eindruck, der entsteht, muß sich nicht immer hundertprozentig damit decken, was ich geglaubt habe, daß ich mache. Das ist auch durchaus gewollt. Wenn die CD einmal draußen ist, dann macht jeder Hörer damit, was er will. Mir ging es und geht es immer darum, daß ich verschiedene Musiken spiele, die mir alle gefallen. Warum sollte ich mich auf eine einengen lassen? Und da ist natürlich auch viel Rockmusik und Rhythm´n´Blues dabei, aber auch Rockabilly oder Tex Mex - alles, was uns so gefällt. Es ist ein lustig-lockeres Kraut-und-Rüben-Programm, das dadurch zusammengehalten wird, daß der Brödl die Texte schreibt, ich singe und die Kombo das spielt.

Die CD "Espresso Rosi" war nach Auflösung der Chefpartie damals ein deutlicher Stilwechsel.

Naja, das sollte ja eigentlich meine Solo-CD werden, die ich damals schon lange machen wollte. Die Musiker, die ich mir dafür eingeladen hatte, waren ein so guter Griff, daß wir heute noch zusammen auf der Bühne stehen.

Die Herrschaften kommen aus sehr unterschiedlichen musikalischen Lagern, was sich in diesem Fall sehr positiv auswirkt.

Ich lege Wert darauf, daß wir viel Freude beim Musizieren haben, daß ein gewisses Niveau da ist. Man muß dann nicht viel reden und braucht nur noch ein paar gute Ideen, was man eigentlich spielen will. Ich arbeite immer daraufhin, daß es allen Beteiligten viel Spaß bereitet - das ist mir wichtig.

Was sind so deine persönlichen musikalischen Vorlieben, wo bist du zu Hause?

In Sachen Vorlieben müßte ich jetzt länger nachdenken, weil ja der Spaß an der Musik eben durch das breite Spektrum garantiert ist. Immer wieder etwas anderes zu machen, ist mir wichtiger als nur eine Linie streng zu verfolgen. Das, was ich gerade singe, ist mir wichtig, das sind manchmal auch Jazzballaden, im nächsten Moment wieder ganz etwas anderes.

Ist dieses Zulassen der verschiedensten Einflüsse das Geheimrezept?

Das ist unser Geheimrezept, das könnte man so sagen. Wenn man daran glaubt, daß das Unbewußte viel regelt, dann können das trotzdem sehr gescheite Entscheidungen sein, die vielleicht sogar dauerhafter sind, als wenn wir herumgehirnt hätten. Bei mir kommt jetzt eine gewisse Gelassenheit dazu, wo ich mich frage "Was will ich denn jetzt noch? Eine Karriere aufbauen? Wenn ja, welche?" - bitte, nein. Eigentlich könnte ich als Radiomoderator eine ruhige Kugel schieben, wäre da nicht der Mensch in mir der darauf drängt, es noch einmal wissen zu wollen. Und nachher wahrscheinlich noch einmal. Wenn die neue Platte beim Publikum nicht so gut ankommt, dann haben wir nichts zu bedauern, denn die Arbeit daran hat so viel Spaß gemacht. Sollte das Pubtikum dann auch noch ja dazu sagen, dann freuen wir uns natürlich noch einmal.

 

Wird es den Ostbahn als Radiomoderator auch wieder geben? Kommt er wieder ins Fernsehen? Gibt es auch wieder Lesungen, gemeinsam mit Günter Brödl?

Das sind ja alles Dinge, die deshalb entstanden sind, weil ich sie schon immer machen wollte. Das, was sich viele wünschen, habe ich erreicht - und dabei durfte mir auch keiner ins Genick atmen, wie der Amerikaner sagt. Plötzlich war es mir zu viel. Und so mußte ich eine meiner Kinder in Karenz schicken - die Radiosendung. Zur zweiten Frage: ja, aber ich weiß noch nicht wann. Wenn ich genug Kraft verspüre oder wenn die Band ein Jahr Urlaub haben will, dann produziere ich auch wieder gern fürs Fernsehen ein paar Filme. Das ist halt das Privileg des reiferen Menschen, daß man etwas machen kann. Die Verantwortlichen wissen dann schon, daß der das kann. Zu meinen Bedingungen aber so, daß mir keiner was dreinredet. Das heißt, reden schon, ich rede ja gerne, bin eigentlich ein begeisterter Teamarbeiter Aber nur für den Fall, daß wir dann nicht zusammenkommen, würde ich dann bestimmen können.

Du hast für den ORF-Sampler "Hausgemacht" (Hausmusik der österreichischen Volksgruppen, ORF HFH CD1, 1995) gemeinsam mit deiner Mutter ein kroatisches Lied gesungen? Gibt es da noch mehr Aufnahmen, weitere Pläne?

Das war ein Lied aus unserem Heimatdorf, das wir in kroatisch gesungen haben. Außerdem gibt es da auch noch so ein Spaß-Projekt mit dem Titel "Tri Tenori" - da treten der Joschka Vlasic von Bruji, der Slavko Ninic von der Tschuschenkapelle und der Willi Resetarits gemeinsam auf und singen kroatische Lieder.

Du kannst kroatisch?

Singen schon. Das ist so wie mit den jungen Cajuns in Louisiana, die singen im französischen Dialekt, können ihn aber kaum sprechen. Aber wenn ich das Kroatische wieder aufwärmen würde, könnte ich mich relativ schnell wieder in dieser Sprache unterhalten. Ich bin ja als Kind damit aufgewachsen, nur nach der Übersiedlung nach Wien haben die Eltern gedrängt, daß wir möglichst rasch deutsch lernen, da wir durchaus die Nachteile zu spüren kriegten. Eine Zeitlang hoben wir dann in Wien den Wiener Dialekt gesprochen und im Burgenland kroatisch.

Stammt daher deine sehr ausgeprägte Bindung zur Sprache? Du bist ja ein sorgfältiger Formulierer.

Ja, Dialekte im allgemeinen und der Wiener im besonderen interessieren mich. In Wien ist der Dialekt ja horizontal, also sozial geschichtet, und nicht wie anderswo, regional unterschiedlich. Ich bin im Laufe meines Lebens von Favoriten quer durch die Stadt nach Floridsdorf gekommen und habe nur zwei, drei Wörter gefunden, die sich unterscheiden. Aber horizontal gibt es da stufenlose Übergänge von ganz tief über normal bis zu geschraubt. Das unterscheidet sich dann durch Vokalfärbung und Wortwahl.

Der Günter Brödl ist in dieser Hinsicht ein kongenialer Partner für dich, oder?

Er hat den Dialekt von seiner Mutter die noch diese Ausdrücke verwendet, die sonst gerade aus dem Sprachgebrauch verschwinden. Und der Günter hat die Gabe, diese Wortspenden seiner Mutter oder von mir in seine Texte, Geschichten oder Romane einfließen zu lassen, sodaß ich mich dann in diesen Zeilen wiederfinde.

Wie wichtig ist Politik in deinem Leben?

Sehr, und das war sie immer. Meine frühere Band, Die Schmetterlinge, hat ja eindeutig politische Lieder gesungen, und so etwas gibt man ja nicht ab. Kurt Ostbahn war für mich nie ein politisches Projekt, aber er hat zumindest immer eine Haltung. Ab und zu war es notwendig, daß der Kurtl seine Meinung äußert.

Wie differenzierst du das?

Ich bin der Resetarits, die Schmetterlinge waren die Schmetterlinge, da war ich einer von mehreren, und Kurt Ostbahn ist Brödl und Resetarits. Insofern sind das differente Dinge. Ursprünglich war die Ostbahn-Geschichte die Ergänzung zu den Schmetterlingen, die damals noch sehr aktiv waren. Mir waren die Schmetterlinge immer sehr wichtig, aber eine Seite hat mir gefehlt, und die konnte der Ostbahn abdecken. Dann ist mir die andere Seite abhanden gekommen, um das ist der Ostbahn dann klarer geworden in seinen spärlichen politischen Aussagen.

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Die CD

Musikalisch vielseitig wie nie zuvor präsentieren sich Kurt Ostbahn & Die Kombo auf der neuen CD. Von Rock´n´Roll, Rhythm´n´Blues über Tex Mex, Rockabilly bis hin zu Soul, Reggae und. gerappten Passagen (souverän von Birgit Denk) spannt sich der stilistische Bogen. Hier wird gespielt, was gerade Spaß macht. Wenn dann noch Musiker mit so unterschiedlichen Biographien wie im Falle der Kombo daran beteiligt sind, dann erklärt das allein schon die gebotene Vielfalt. Zu den Bezugsberechtigten des Ensembles gehören:

  • Karl Ritter von Stockerau (Gitarre) - Blues- und Dobro-Experimentalist und Filmmusikschreiber;
  • Klaus "Sunshine Silber" Trabitsch (Gitarre, Gesang) - einer der herausragendsten Welt-Musikanten des Landes;
  • "Professor Gugg" Roland Guggenbichler (Tasten) - exzellenter Jazzpianist, der übrigens auch als Produzent der demnächst erscheinenden neuen CD von Shlomit firmiert;
  • "Ricky Gold" Erich Buchebner (Baß) - Ex-Sideman zahlreicher Austropopper und stolzer Besitzer des Tonstudios Ollersbach, wo auch diese CD aufgenommen wurde.
  • Silvio Berger (Schlagzeug) - Jazz- und Unterhaltungsmusiker mit dichtem Terminkalender.
  • Alex "Der junge Herr Axel" Horstmann (Gesang, Percussion) - als Bassist und Sänger auch sonst in der Wiener Szene tätig.

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Als Gäste sind außerdem noch die Sängerin Birgit Denk, das optimale weibliche Pendant zu Kurt O., sowie Percussion-Guru Stephan Maas, der langjährige Kombo-Drummer Chris "Angelface" Eigner und Posaunist Werner Wurm eine Bereicherung.

Gelungene, von Brödl sprachlich wunderbar ins Wienerische transferierte Cover-Versionen (Willy Nelson, Van Morrison, etc.) und kompositorische Leistungen von verschiedenen Kornbo-Mitgliedern schütteln sich sehr homogen die Hände. Der rote Faden ist zwar kaum greifbar, zieht sich aber dennoch durch die gesamte Produktion. Konzeptlosigkeit heißt das Konzept, spürbare Spielfreude und erfrischende "Nur nix Scheißn"-Mentalität geben der CD eine anarchistische Note. Und das gleicht die teilweise sehr publikumswirksamen Passagen aus. Mohnnudeln mit Sauerkraut oder Schweinefleisch süß-sauer sind mögliche kulinarische Vergleiche. Für mich sind das Schmankerln - so wie die neue CD von Kurt Ostbahn & Die Kombo.


© 1999  Concerto

Last Updated: 10 Februar 2000

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