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    ("Wie viel Milch die Wiener Melange verträgt ")


2. Dezember 1999


DER STANDARD, 2. Dezember 1999, Seite 10, von Roman Freihsl

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Wien - "Als ich in den 60er-Jahren von Teheran nach Wien kam, waren die Menschen stolz, dass ein Ausländer bei ihnen wohnte. Sie haben mir geholfen, eine Existenz aufzubauen", erinnert sich der Filmemacher und Facharzt für Psychiatrie und Neurologie Houchang Al- lahyari. Aber auch seine Ausbildung gibt ihm keine Erklärungshilfe: "Ich fühle mich als erfolgreicher Österreicher. Ich weiß nicht warum, aber ich fühle mich jetzt auch als Österreicher zweiter Klasse."

Allahyari ist Teil der "Wiener Melange", die Dienstagabend im Rathaus diskutiert wurde. Einer jener, die Inte- grationsstadträtin Renate Brauner (SP) hervorheben will. Weil etwa "Spitäler und Märkte ohne Zuwanderer nicht mehr funktionieren würden". Ähnlich sieht dies Planungsstadtrat Bernhard Görg (VP): "Integration ist ein mühsamer Prozess, nichts Freudvolles. Aber aus ökonomischen Gründen wichtig."

Genau hier hat Rainer Bauböck vom Wiener Institut für Höhere Studien seine Bedenken: "Man kann Menschen nicht nur über ihren Nutzen definieren - denn wie viel Milch verträgt der Kaffee, bis er uns nicht mehr schmeckt?"

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Was aber sind die Rahmenbedingungen, die ein respektvolles Miteinander ermöglichen würden? Für Brauner ist das in erster Linie einmal eine Fülle von "Alltagsmaßnahmen": vom passiven Wahlrecht in Betrieben über Antirassismus-Schulungen für Beamte, der Sprachoffensive, die 1000 Wiener BegleitlehrerInnen - bis hin zum ausgearbeiteten aber noch immer nicht beschlossenen Wiener Antirassismus-Gesetz.

Bauböck "fehlt ein offensives Bekenntnis: Seid willkommen als gleichberechtigte Bürger". Das Thema werde vielmehr als politisches Ping-Pong-Spiel benutzt: Öffnung der Gemeindebauten für Ausländer (VP-Forderung) gegen MigrantInnenbeirat und eben Antirassismusgesetz (SP-Forderung). "Das Thema ist in drei Minuten erledigt - wenn wir die Öffnung der Gemeindebauten bekommen", bietet Görg an. Bekommt er natürlich nicht, die drei Minuten verstreichen ohne neue Strategie zum Wiener Strategieplan, für den das alles ja diskutiert wurde.

Vielleicht ginge es auch einfacher - so einfach, wie es "Ostbahn Kurti" Willi Resetarits zu formulieren pflegt: "Das Grätzel wo unser Integrationshaus steht, wird jetzt EU-Zielgebiet 2. Dort leben 36 Prozent ausländische Mitbürger. Das is ja net nix. Aber die dürfen nicht wählen und nicht mitreden." Es sei halt zu wenig, "einmal kurz fragen und alle sagen naaaa". Seine Strategie? "Net nochlossn."

"Migranten gehören einfach zur Gemeinschaft", betont Gerard Oude Engberink vom International Centre of Comparative Urban Policy Studies in Rotterdam. Dort gibt es das Wahlrecht für Ausländer. Und es kandidieren jetzt Schwarze für rechte Parteien. "Da wird dann ein Pass immer unwichtiger. Etwas womit man reisen kann." Eine Patentlösung? Man könne dies nicht eins zu eins auf andere Städte umlegen. Und eines könne das Wahlrecht auch nicht lösen: soziale Probleme.


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