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15. November 1992


TÄGLICH ALLES, 15. 11. 1992, Seite 46f, von Eva Deissen

Ostbahn-Kurti fährt "mit´n Radl nach Rio"

Willy Resetarits, auch als Prof. Dr. Kurt Ostbahn kein Unbekannter, gehört zu den Leuten, die lieber vom Leben gezeichnet sind als von Rubens gemalt. Wenn der Ostbahn-Kurti einmal dem Vollmond zu stark ins fahle Antlitz blickt, und seine Freude über die platinene Schallplatte - 50.000mal "a blede G´schicht" - mit ein paar Tequilla zuviel runterspült, dann ist er gleich als B´suff im Gerede...

...dabei ist für den sensiblen, im ersten Begegnen beinah scheuen Vollblutmusiker eine ganz andere Lebensgestaltung mindestens genauso typisch: Der stressige Alltag eines Vollprofis: 9.10 Uhr Abflug nach Hamburg, Besprechung bei der Schallplattenfirma MCA, die mit hanseatischer Gründlichkeit an der Wiener "Chefpartie" einen Narren gefressen hat. Mittags statt wärmer Küche kalte Füße, weil der Norddeutsche Rundfunk ein TV-Porträt des Ostbahn-Kurti dreht. Schnatternd vor Kälte, aber geduldig, absolviert er die vom Regisseur geforderten Gänge.

Dann noch zwei Stunden Besprechung mit Manager Günther "Kohlen-Güntl" Grosslercher. Mit der Uhr in der Hand im Hamburger Stau. Wird er die 17.25-Uhr-Maschine nach Düsseldorf erreichen? Von dort geht´s mit dem Auto noch nach Dortmund, spätabends Probe für den nächsten Live-Auftritt.

So schaut´s unter anderem auch aus.

Willy Resetarits. Bruder des Kabarettisten Lukas und des TV-Journalisten Peter, geboren im burgenländischen Stinatz, einer kroatischen Enklave, wo in Willys Kindheit noch viele gar nicht oder nur gebrochen deutsch sprachen. Immer noch eine eigene Welt mit strengen Regeln ("Es ist sehr leicht, dort Fehler zu machen") und faszinierenden Bräuchen, zum Beispiel die Tradition einer eigenen "Totenklage", die streng geheim nur unter Frauen weitergegeben wird.

Der Willy Resetarits steckt nun schon ein rundes Jahrzehnt in der zweiten Haut des Ostbahn-Kurti, und sie paßt ihm immer besser. "Er wird ma immer ähnlicher, der Kurtl", freut sich der Willy. "mir san jetzt scho fast deckungsgleich, was sehr angenehm ist für mi, weil so a Doppelexistenz is doch anstrengend. Der Kurti hat bei den Leuten enorm hohe Glaubwürdigkeitswerte, wann´s jetzt a Umfrage machen täten, es kummert vielleicht nur no der Dokta Portisch an ihn heran, was de Glaubwürdigkeit betrifft."

Dieser Aufstieg des Kurti Ostbahn, von der Phantasiefigur eines begnadeten Schreibers namens Günter Brödl, zur Kultfigur aus Fleisch und Blut verlief nicht kometen-, aber dauerhaft.

Ein kleines Wunder am Rande vielleicht für jeden, der die eifersuchtsfreudige Szene kennt: Daß sich Kurt Ostbahn und sein "Erfinder" Brödl nicht nur nicht über die Frage zerstritten haben, wer hier Henne und wer Ei war, sondern daß sie nach wie vor als Team dauernd stärker werden, reifen wie ein guter Wein, wie die hinreißenden Texte aus Brödls Feder und aus Kurtis Kehle signalisieren: Wer sonst könnte auf die Idee kommen, aus der holprigen englischen Refrainzeile "You Would Be My Dixie Chicken, I´d Be Your Tenessee Bear" die wienerische Cover-Version "Und du waast mei Zuckagoschal und i waa dei Bussibär" zu zaubern.

"Sowas kannst net am Reißbrett entwerfen", meint der Ostbahn-Kurti, "er spürt, was i will, ohne daß ma vül drüber reden."

Tierischer Ernst ist ihm eine Qual, dem Willy, wie man an seinem angestrengten [...] hört, als die norddeutschen Fernsehreporter ernsthafte Antworten auf ernsthafte Fragen nach seiner Geschichte erwarten. Was ihm der Erfolg bedeute? Kurti öffnet statt einer Antwort die Lederjacke.

"Leiwaund!" steht auf seinem T-Shirt.

Reporter: "Was issn das?"

Kurti (zieht die Jacke aus und dreht den Rücken zur Kamera): "Oda Oasch?" steht da. ,,Leiwaund is des Gegentäul von dem."

Die Reporter nicken verstehend: "Äh. Ja."

Für eine Talkshow in München zum Thema "Ufos" hat der Kurti lang überlegt, "wia i de Wissenschaftler durt a bissel aufmischen könnt. De Außerirdischen, so hab i g´sagt, san weder grün, no schauns anders aus wia mia. Aber sie verraten si. Wenn S´ de Leut so reden hörn, dann gibt´s unter uns kan anzigen Mann, der je in a Puff geht. Wennst also in a Puff eineschaust und dort geht´s rund, waaßt sofurt: Da san s´ ja alle, die Außerirdischen!" Das liebt er, der Kurti: Nicht "schön sprechen" müssen, kein Klinkenputzen für den Erfolg. Dafür "brav arbeiten an unserer Musik" und schließlich die Freude: "Guat hammas troffen."

Mittlerweile ist dem Ostbahn-Kurti trotz aller Freude über die Chefpartie seine frühe Zeit mit der Gruppe "Schmetterlinge" wieder sehr nahegerückt: "Herrliche Vokalisten. Die Chefpartie kann halt besser Gitarr´ spielen."

In letzter Zeit gab es wieder gemeinsame Auftritte der "Schmetterlinge", so zum Beispiel bei einem Fest zugunsten jenes Flüchtlinge betreuenden Vereins, dessen Obmann der Willy Resetarits ist.

Schließlich hat er ja bei den "Schmetterlingen" auch die Frau seines Lebens und die Mutter der gemeinsamen Kinder Johanna und Valentin, jetzt elfeinhalb und zehn Jahre alt, gefunden: Trixi Neundlinger, die zur Zeit mit dem "Schmetterlinge"-Kindertheater erfolgreich ist.

Eigentlich dürfte ich das jetzt gar nicht so schreiben, denn der Ostbahn-Kurti respektiert den Wunsch seiner Frau, als eigenständige Künstlerin und nicht als Anhängsel eines grauslichen Machos dargestellt zu werden. Andererseits: Soviel gemeinsame Biografie gibt´s nun einmal.

Übrigens: Kurti, als gewissenhafter Kritiker aller Fragwürdigkeiten unserer Zeit kein Anhänger von Fernreisen, hat sich nun von gemeinsamen Freunden doch überreden lassen, sie über Weihnachten und Neujahr in Rio de Janeiro zu besuchen.

Natürlich wird er nicht, wie im Lied so populär besungen, ,,mit´n Radl nach Rio" fahren, weil da wär´ er ein bissel lang unterwegs. Dafür aber mit der ganzen Familie.

Übrigens: Der Ostbahn-Kurti und seine Chefpartie veranstalten am 6. und 7. Dezember ihre Konzerte in Wien als Krampusrummel mit einem Überraschungsnikolo.


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Last Updated:   12. Februar 1999

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